Sylvester 2014/2015 haben wir noch mit Freunden auf ein gutes, neues Jahr 2015 angestoßen. Ein neues Jahr ist immer mit viel Hoffnung auf Glück, Erfolg und Gesundheit verbunden. In einem der vielen Gespräche mit meiner Frau in der letzten Zeit haben wir auch über diesen Tag noch einmal gesprochen und dabei verwundert und überrascht festgestellt, dass uns wohl beide am 31. Dezember 2014 kurz vor Mitternacht und vollkommen unabhängig voneinander ein schlechtes Gefühl übermannt hatte. Erst jetzt haben wir uns davon erzählt und erst jetzt wird klar, was wir da anscheinend unterbewusst schon geahnt haben…
B. hat am 28. Oktober 2013 augenscheinlich gesund und munter die Welt erblickt. Er war ganz anders als sein älterer Bruder R.. Er war ein wahres „Kuschelkind“ und hat immer viel Nähe und Zuneigung gesucht. Allerdings hat er auch viel mehr Betreuung und Aufmerksamkeit gebraucht und als er dann im eigenen Bettchen geschlafen hat, standen Mama und Papa in manchen Nächten jede Stunde an diesem um ihn zu beruhigen und in den Arm zu nehmen. Er hat viel geweint und geschrien… Wir wussten uns irgendwann keinen Rat mehr und vertrauten auf den Kinderarzt der sagte, dass das irgendwann nachlassen würde. Zudem war B. viel öfter krank als R.. Klar, einige Bakterien mehr brachte sein Bruder aus dem Kindergarten mit. Aber B. hatte wirklich viel mit Krupp-Husten und Mittelohrenzündungen zu kämpfen und meistens war sehr dominant die linke Körperhälfte betroffen. Auch sein Schielen auf dem linken Auge würde sich im Lauf der Zeit von selbst erledigen sagte der Kinderarzt. Aber es wurde einfach nicht besser. Die innere Unruhe von B., insbesondere nachts, nahm nicht ab und das Schielen wurde eher schlimmer als besser.
Am 26. Januar 2015 waren wir mit B. zum ersten Mal beim Augenarzt. Dieser machte im Grunde nur wirre Angaben und Bemerkungen und verwies uns an die Uniklinik in Bonn. Nach einem ausführlichen, über 3 stündigen Untersuchungsmarathon am 04. Februar war das erste Mal von einem Tumor im linken Auge die Rede. Allerdings ließ uns auch die Uniklinik Bonn ein wenig im Unklaren und verwies uns direkt an die „Spezialisten“ an die Uniklinik Essen.
Spezialisten wovon?
Durch Internetrecherche bekamen wir einen ersten Überblick und ein wenig Gewissheit, was uns in Essen erwarten würde. Am 10. Februar wurde B. dann zum ersten Mal in Essen von Prof. Bornfeldt und seinem Team untersucht. Kurze Zeit danach begann für uns als Familie die bisher schlimmste Zeit in unserem Leben. Alles war nun anders…
Bei B. wurde im Alter von 16 Monaten ein bilaterales Retinoblastom festgestellt. Augenkrebs in beiden Augen, wobei das linke Auge stärker betroffen war als das rechte Auge. Ich möchte Ihnen die Details an dieser Stelle ersparen, kann Ihnen zu dieser Thematik aber folgende Links empfehlen: https://de.wikipedia.org/wiki/Retinoblastom oder http://www.kinderaugenkrebsstiftung.de/.
Für uns brach eine Welt zusammen. Wir fühlten uns absolut hilflos gegenüber einem unglaublich hohen Berg an Veränderungen und neuen Herausforderungen. Und alles war immer davon überschattet, ob es B. auch irgendwann wieder gut gehen wird, ob er weiterleben darf, ob er komplett erblinden wird oder, oder, oder. Eine schreckliche Zeit.
Hinzu kamen dann neben der menschlichen Komponente auch irgendwann unweigerlich die finanziellen Themen. Wird alles von den Kassen bezahlt? Bekommt B. die bestmöglichste Versorgung? Wie machen dass unsere Arbeitgeber mit? Und so weiter…
In diesen schwierigen Tagen bekamen wir von einer Bekannten den Tipp, uns mal mit Herrn Franz von der Unnauer Patenschaft in Verbindung zu setzen. Hier würde man schnell und unkompliziert Hilfe und Unterstützung erhalten. Und so war es dann auch:
Der Erstkontakt war zügig hergestellt. Sowohl Herr Franz als auch Herr Marose waren schnell, auch persönlich, zur Stelle und haben Unterstützung und Hilfe angeboten, damit wir als Eltern uns alleine auf eine Sache konzentrieren konnten: B.. Wir sind der Unnauer Patenschaft dafür unendlich dankbar. Dieses „unter die Arme greifen“ hat uns damals unglaublich geholfen und alles etwas einfacher gemacht. Und selbst nachdem es B. nun wieder deutlich besser geht, endet die Unterstützung nicht. Die Unnauer Patenschaft begleitet uns weiter, ist interessiert, lässt den Kontakt nicht abbrechen, kümmert sich individuell und würde jederzeit wieder helfen, wenn es erforderlich wäre.
Schnell, unkompliziert, unbürokratisch und mit dem Herzen am richtigen Fleck! Wir als Eltern müssen uns keine großen Sorgen mehr darum machen, wie man vielleicht die eine oder andere Therapie finanziert bekommt, weil sie nicht von den Kassen bezahlt wird. Oder wie man die Mittel zusammenbekommt, um spezielle Hilfsmittel zu kaufen. Es sind viele Beispiele und Unterstützungsmaßnahmen, die sich hier aufführen ließen. Vielen, vielen Dank!
Wie geht es B. heute?
B. musste ab Februar unglaublich tapfer sein:
- Ausführliche Eingangsuntersuchungen (EEG, EKG, usw.)
- Regelmäßige Blutentnahmen
- Knochenmarktpunktion und Punktion der Wirbelsäule zur Entnahme von Gehirnwasser
- Port-Implantation
- 2 x MRT
- 5 x Chemotherapie
- Melphalan-Behandlung (die aber aufgrund seiner Anatomie nicht erfolgen konnte)
- Mehrere Laserbehandlungen zur Verödung der Tumore
- Ständige „Augeninspektionen“ unter Vollnarkose
- Port-Explantation
- usw.
Am 07. Juli 2015 haben wir dann bei einer Augeninspektion erfahren, dass die Tumore im stärker betroffenen linken Auge im Grunde kaum auf die Chemotherapie reagiert haben. Das Auge wurde am 10. Juli entfernt. Die 3 kleinen Tumore im rechten Auge sind im Rahmen der Behandlung verkalkt/verödet und gelten somit als inaktiv. Nun hoffen wir, dass der aktuelle Status stabil bleibt und das wir und B. mit seinem mittlerweile vierten Glasauge, dass er am 02. Dezember angepasst bekommt, weiterhin so gut zurechtkommen. Für seinen 3 Jahre alten Bruder R. ist es das “Zauberauge”… Man kann im Grunde als “Ungeübter” kaum erkennen, dass das linke Auge aus Glas ist.
Die Tumore bei Kindern mit bilateralem Retinoblastom können erneut aktiv werden oder es können Rezidive entstehen, solange die Netzhaut noch im Wachstum ist. Das bedeutet, dass wir ungefähr erst an B.s fünftem Geburtstag mit Gewissheit sagen können, dass eine schwere Zeit nun hinter uns liegt. Bis dahin werden wir regelmäßig alle 5-8 vor dem OP der Augenklinik der Uniklinik Essen sitzen und Bangen und Hoffen, dass die behandelte Ärztin mit guten Nachrichten aus dem OP zu uns kommt.